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Mai 1945
Am Montag, den 7.5.45 früh gegen 7.00 Uhr
traten die Kompanien des Lagers Motol bei Prag vor den Baracken an. Jeder hatte
sein Bündel geschultert. Ich selbst hatte mein Schreib- und Waschzeug,
sowie 2 K.-Brote und 3 Pck. Knäckebrot in eine ... gemacht und die den Rücken
gehängt. Nach vielen ... und bekanntgaben verließen wir unser Lager. Der Zug von
etwa 1500 Menschen, setzte sich, gefolgt von 1 Wagen mit noch versch.
Verpflegungsvorräten in Bewegung. Soldaten (der Wlassow-Armee) begleiteten uns.
Auf den Straßen der Vororte von Prag stand die tschechische ... bewarf uns mit
Steinen oder schlug mit irgendwelchen Gegenständen nach uns. Die Zurufe, daß wir
Mörder und so ... sein, kümmerte uns weniger. Im schnellen Tempo ging es die
Hauptstraße entlang. Nach etwa 2 km Marsch begegneten uns Panzer der
Wlassow-Armee. Unser Zug bewegte sich im raschen Tempo vorwärts, denn jeder
hatte den Wunsch, mögl. schnell aus diesem verfluchten Prag herauszukommen. ...
... die letzten Häuser hinter uns lagen. Wir waren auf der Höhe der Landstraße
angelangt. Dort bewegten wir uns vorwärts. Bei Sonnenschein warm. Rechts der
Landstraßen hatten ... der Wl.-Armee eine Art.-Stellung aufgebaut. Plötzlich
schlugen neben uns Granaten der ... SS-Flak ein. Die Wl.-Armee erwiderte das
Feuer. Ohne Ausfälle, im Straßengraben laufend, schlugen wir uns durch die
Einschläge durch.
Wieder ... geschlossener Ordnung auf der Straße marschieren. Die weißen Fahnen
begleiteten unseren Zug. Rechts tauchten schon wieder die ersten Häuser des
nächsten Dorfes auf. Da ... über uns ein ... Turbinen-Jäger. Nach dem er einige
Male über uns kreiste, setzte er zum Tiefangriff an. Die Menschen drängten sich
an die Hausmauern aber schon schlugen die ersten M.G.-Garben und Granaten der
... um uns ein. Noch 2 mal mußten wir uns vor einem deutschen Flieger auf die
Erde werfen. Nach dem letzten Angriff zählten wir über 100 Verwundete und 2
Tode. Die gehbehinderten Kameraden setzten wir auf den Wagen und weiter ging's
Im Ort übergaben uns dann die Wlassow-Zugleiter den Tschechen. Von hier aus
begann dann für uns ein Leidensweg. Abwechselnd, einmal marschierend und einmal
im Laufschritt trieb man uns von Ort zu Ort. Die Füße begannen zu schmerzen. Der
Durst wurde größer. Ich verzehrte mein Knäckebrot, bis auf eine Schachtel die
ich mir in die Rocktasche steckte. In einer Ortschaft, etwa 5 km vor ... hielt
man einen deutschen Feldwebel zurück, der später erschossen wurde. Der Grund war
mir nicht bekannt. Meinen Komp. Chef nahm man den Regenmantel weg. Ein Tscheche
riss ihm das EK und seine Schulterstücke vom Rock. Wieder hielt unser Zug. Wir
wurden untersucht nach Waffen und Messern. Sonst nahm man uns nichts. Weiter
ging der Marsch.
... war der nächste Ort, wo wir nicht hielten. Das tsch. Volk bearbeitete
uns wieder genauso, wie in Prag. Ein Polizist ging auf einen ... Zivilisten, der
mit seiner Frau mit aus Prag geflüchtet war und etwa 3 Rotten hinter mir stand,
zu, und wollte ihm die Aktentasche wegnehmen. Diese hing aber etwas fest. Kurz
entschlossen legte der sein Gewehr an und durchschoss den Mann die Brust. Dabei
traf er aber auch noch einen Menschen, der dahinter stand. Beide brachen
Blutüberströmt zusammen. Die Frau schrie auf und bettelte den Tschechen an, er
solle sie auch erschießen. Aber schon setzte sich unser Zug wieder in Bewegung.
Weiter ging's. Von Ort zu Ort. Manche warfen ihr Gepäck weg. So marschierten wir
58 km. Nachts gegen 1/2 12 Uhr kamen wir in einer Ortschaft an, in der wir dann
blieben. Ein Saal eines Gasthauses war unsere Übernachtungsstätte. Mann an Mann
lagen wir und schliefen auch ... ein. Aber bereits 1/2 5 Uhr früh hieß es
aufstehen. Die Füße schmerzten noch. Ich konnte kaum einen Schritt laufen. Auf
der Straße mußten wir wieder aufstehen. Als sich der Zug wieder in Bewegung
setzte, und ich nicht mit kam, trat ein tschech. Zivil-Posten auf mich zu,
stützte mich und sagte, ich solle versuchen, mit auf den Wagen zu kommen. Dieses
gelang mir auch. Auf einem Pferdewagen ... ich dann noch ein Plätzchen. So war
ich einigermaßen ... aufgehoben. Nach ca. 5 km bogen die Wagen nach rechts ab,
während sich die anderen die Straße geradeaus weiter bewegten. Es hieß, wir
sollten mit der Eisenbahn befördert werden. Auf einem Fahrzeug un... Hauptstraße
standen wir mit unserem Wagen. Aber da Verhandlungen ergaben, daß kein Zug in
absehbarer Zeit nach Pilsen fahren würde und so mußten wir die ... mit ihrem
Geschirr weiter befördern. Nach weiteren 5 km wurden die ersten beiden Wagen
ausgeladen. Die verw. Kameraden blieben rechts der Straße liegen. Angeblich
sollten die mit einem Auto abgeholt werden, aber ein solches hat uns nicht
eingeholt. Mit 3 Wagen kamen wir in einer größeren Ortschaft an. Hier wurden wir
... ausgeladen und von Tschechen durchsucht. Man nahm uns praktisch alles weg.
Mir selbst hatte ein Tscheche auch alles genommen. Das Bündel riß er auf, warf
Schreib- und ...zeug auf die Straße. Das Brot, welches durch die ... etwas
zerbrochen war, warf er auch hin und zertrat alles. Mit nichts wurden
Verwundete u. Kranke auf den Wagen gebracht. Die ... mußten laufen. Dank der
Fürsorge einer Krankenschwester, die mit uns war, kamen wir mit etwas
Gerechtigkeit vom Fleck. Immer ... Himmel ... diese laufen w. die Anderen fahren
und dann ist es wieder umgekehrt gewesen. Die Krankenschwester selbst lief
tapfer mit. Nach wiederum 5 km etwa, sahen wir rechts der Straße deutsche
Kameraden liegen, die mit bei dem Zug waren. Wir zählten. Es waren etwa 200 tote
Kameraden. Als wir auf einer Höhe ankamen, und ins Tal vor uns hinunter
blickten, sahen wir amerik. Panzer und Fahrzeuge. Wir jubelten. Alle lachten.
Bei ... angekommen standen viele amerik. Fahrzeuge mit Besatzung da. Unsere
Gesichter strahlten. Wir wurden ausgeladen und mußten uns in den Straßengraben
setzen. Wir aßen noch den Rest den wir hatten. Ich besaß nur noch eine Scheibe
Knäckebrot, an der ich knabberte. Die Amerikaner gaben uns Trinkwasser. Wir
fühlten uns wie im Himmel. Dann kam ein am. Offizier. Dieser erklärte uns durch
den Dolmetscher, daß wir mit Autos jetzt nach Pilsen in das Lager gebracht
würden. Daß wir dann entlassen würden und zu unseren Lieben daheim können. Wir
sollten aber nicht vergessen, wer die Schuld an diesem Krieg hatte und an dem,
was wir auszustehen haben. Dies wollten wir wohl. Wir heulten alle vor Freude.
Dann kamen Autos und brachten uns nach Pilsen. Unsere Kameraden, die dann später
auch dort ankamen, erzählten uns, daß sie noch viel ausstehen mußten. Die
Tschechen haben rund 400 Kameraden von uns erschossen. Diesen Leidensweg werde
ich nie vergessen.
Pilsen, d. 23.5.45
W. Engewald
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